Wie wirtschaftlich ist regionale Fleischproduktion?
Etwas mehr als 4000 Betriebe produzieren in Südtirol Milch. Der Trend geht jedoch seit vielen Jahren nach unten; allein 2022 haben laut Südtiroler Sennereiverband 160 Betriebe die Milchwirtschaft aufgegeben. Als Alternative zur arbeitsintensiven Milchviehhaltung wird schon länger über einen Ausbau der regionalen Rindfleischproduktion und -vermarktung diskutiert. Doch obwohl damit der Arbeitsaufwand für bäuerliche Familien überschaubarer und vor allem flexibler einteilbar wird, kann der aktuelle Fleischpreis die Produktionskosten für Betriebe in einer durchschnittlichen Südtiroler Betriebsgröße nicht ausreichend abdecken, zeigt eine Wirtschaftlichkeitsstudie, die an der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften durchgeführt wurde.
Die Forscher Thomas Zanon, Verena Angerer und Matthias Gauly haben dafür die Wirtschaftlichkeit von 33 fleischproduzierenden Betrieben anhand einer Vollkostenkalkulation genauestens analysiert. 19 davon produzieren mit Mutterkuhhaltung, die restlichen 14 mit Ochsen- und Kalbinnenmast. Das Ergebnis? „Bis auf wenige Ausnahmen, die sich über Alleinstellungsmerkmale wie eine lokale Rasse oder Produktion nach Bio-Richtlinien im Marketing stark differenzieren können, sind die Betriebe mit ihren Erträgen nicht imstande, die Vollkosten zu decken“, sagt Thomas Zanon.
„Es gibt bessere und schlechtere Ergebnisse, doch unter dem Strich zeigt unsere Studie klar auf, dass es für kleinstrukturierte Betriebe unabhängig vom Produktionssystem beim aktuellen Preisniveau kaum möglich ist, gewinnbringend zu arbeiten“, so der Forscher. Allerdings gäbe es durchaus noch Handlungsspielraum, um zumindest mittel- bis langfristig höhere Erträge zu erzielen bzw. die Kosten zu senken. Auf den Höfen selbst sei vor allem der Maschinenpark ein enormer Kostenfaktor. Auswege könne hier eine stärkere Kooperation zwischen Betrieben schaffen, die man auch für Infrastrukturen wie Ställe und Scheunen weiterdenken könne, lautet eine der Schlussfolgerungen, die der Forscher in einem in der Fachzeitschrift Züchtungskunde veröffentlichten Paper schlussfolgert. Erschwerend steht dem laut Zanon allerdings entgegen, dass die sogenannten Erntespitzen vor allem in Berggebieten zeitlich sehr eng und limitiert sind, also Maschinen für die Futterbergung von allen Betrieben an bestimmten Tagen gebraucht würden.
"Es braucht Willen von allen Seiten"
Eine weitere Stellschraube für eine bessere Rentabilität könnten einheitliche Produktionsrichtlinien sein, zeigt die Studie auf. „Bisher ist die Produktqualität von Südtiroler Rindfleisch noch sehr heterogen und das Angebot saisonal begrenzt. Um mehr Abnehmer und bessere Preise in der Gastronomie und im Handel realisieren zu können, braucht es mehr Konstanz in der Produktion und Produktqualität“, so Thomas Zanon. Erreicht werden könne diese über gezielte Beratung zu geeigneten Rassen und einer optimalen Fütterung sowie entsprechenden gemeinsamen Standards. In anderen Forschungsprojekten und Initiativen an der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften wird bereits versucht, den Weg in diese Richtung zu ebnen.
Es gibt also noch Luft nach oben, für mehr Rentabilität einer kleinstrukturierten regionalen Fleischproduktion. Klar ist laut Thomas Zanon jedoch auch, dass es dafür einen entsprechenden Willen von allen Seiten braucht. „In der Landwirtschaft gilt es sicher noch einige Hausaufgaben zu machen, um die Produktqualität auf einem konstant hohen Niveau zu halten und eine gewisse Kontinuität in die Produktion zu bringen. Doch auch auf Abnehmerseite wie beispielsweise der Gastronomie braucht es die Bereitschaft, einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen. Wenn lokale Produkte vermehrt Verwendung finden, kann die daraus generierte Wertschöpfung dazu beitragen, die kleinstrukturierte Berglandwirtschaft zu erhalten, die entscheidend zum Erscheinungsbild und der touristischen Attraktivität unserer Region beiträgt.“