Das so genannte „lange 19. Jahrhundert“ ist eine Zeit tiefgreifender Veränderungen, die sich in der politischen, sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, institutionellen und rechtlichen Geschichte dieser Region widerspiegeln. Ein Jahrhundert, das auch für Tirol mit epochalen Ereignissen beginnt und endet. Auf der einen Seite der Ausstieg aus dem ancien régime, die Säkularisierung der Bistümer Trient und Brixen und schließlich – nach einer Reihe von Regierungswechseln – die Gründung des Kronlandes Tirol, mit dem die Gebiete des heutigen österreichischen Landes Tirols und der Provinzen Bozen und Trient im Gesamtrahmen des Habsburgerreiches zu einer einzigen Region vereinigt wurden. Zum anderen der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der unter anderem die Zerteilung des Kronlandes und seine Eingliederung teils in die Republik Österreich, teils in das Königreich Italien zur Folge hatte.
Doch über einige spezifische Momente hinaus (wie der Aufstand von 1809, der anlässlich des zweihundertjährigen Jubiläums Gegenstand neuer und wichtiger Forschungen von Historikern und Historikerinnen, vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, gewesen ist; oder das Jahr 1848, das Risorgimento und dann die irredentistische Bewegung, die lange Zeit praktisch das einzige Interessensgebiet der Trentiner Geschichtsschreibung über das 19. Jahrhundert darstellte), hat das 19. Jahrhundert in Tirol wenig historiographisches Glück gehabt; vor allem fehlt es an Forschungsarbeiten, die das gesamte Kronland und nicht nur den deutschen bzw. den italienischen Teil einbeziehen.
Die im Forschungsbereich „Regionalgeschichte der Neuzeit“ durchgeführten Projekte möchten versuchen, diese Lücke zumindest teilweise zu füllen, indem sie insbesondere einige wesentliche Aspekte der Sozial- und institutionellen Geschichte des gesamten Kronlandes Tirols hervorheben.