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Freie Universität Bozen

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Im Auftrag der Filmbranche Südtirols

#unibzcareers: Venedig, Cannes, Berlin – sie kennt sie alle, die großen europäischen Filmfestivals Mitteleuropas. Heute steht die Absolventin des Tourismus-Bachelors der Sparte Filmförderung der IDM (Head Film Fund & Commission) vor. Die Rede ist von Birgit Oberkofler.

Die 41-jährige Birgit Oberkofler erzählt von sich selbst, „in einer Frauenwirtschaft und mit vielen Pferden in Jenesien bei Bozen“ aufgewachsen zu sein, und ihre Freude und Offenheit gegenüber Menschen spürt man durch das gesamte Gespräch hindurch. Nach ihrem Bachelor in Tourismusmanagement an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 2006 arbeitete sie in unterschiedlichsten Sparten, bevor das Filmbusiness zu ihrer Welt wurde, „die mich noch heute hellauf begeistert“.

 

Können Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang nach dem Bachelorstudium skizzieren?
Birgit Oberkofler: Vor meinem Bachelor-Studium habe ich bereits drei Jahre in der Hotellerie und Gastronomie gearbeitet, unter anderem im Hotel Misani St. Moritz, bei Eckart Witzigmann auf Mallorca und im Bozner Design-Hotel Greif. Nach dem Tourismusstudium habe ich dem Tourismus dann aber paradoxerweise den Rücken gekehrt. Zunächst stand Pressearbeit und Marketing in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran auf der Agenda. Dort kam ich über die Organisation eines World Music-Festivals, die „Gartennächte“, erstmals auch beruflich mit meinem Interesse für Kunst und Kultur in Berührung. In der Business Location Südtirol und späteren IDM Südtirol bin ich dann über das PR und Marketing zum Film gekommen und war und bin immer noch hellauf begeistert davon. Das Team der Film Fund & Commission darf ich nun seit 2016 leiten.

Was begeistert Sie besonders bei Ihrer Arbeit?
Als Film Förderung und Film Commission ist unser primärer Auftrag die Film- und Kreativbranche in Südtirol zu stärken und aufzubauen. Das heißt, wir sind immer auf der Suche nach motivierten Leuten, die wir auf vielfältige Weise bei ihrem beruflichen Werdegang unterstützen. Es bereitet mir Freude, die Entwicklung und Karrieren dieser tollen Menschen zu beobachten, beispielsweise zur Kostüm- oder Maskenbildnerin, zur Regisseurin, zum Filmproduzenten, Green Manager etc. Sehr cool sind natürlich auch die Filme an sich, in jedem Gewerk steckt so viel Kreativität und Können. Es macht unglaublich viel Spaß ein Filmwerk vom Drehbuch bis zur großen Leinwand entstehen zu sehen.

 

Welche Bereiche umfasst die Filmförderung ganz konkret?
Die Filmförderung mit den drei Förderschienen und drei Einreichterminen pro Jahr und die Verwaltung des jährlich zwischen drei und fünf Millionen Euro dotierten Filmförderfonds des Landes Südtirol. Dazu zählt auch die „Film Commission“, welche den Erstkontakt für Filmproduzenten darstellt und sie in Sachen Crew- und Motivsuche, Drehgenehmigungen etc. begleitet. Wir sind aber auch auf Filmfestivals vertreten, organisieren rund 20-30 Aus- und Fortbildungen im Jahr, darunter unser Script-Lab RACCONTI, ein internationales Programm zur Entwicklung von Filmstoffen; die ausgewählten Kreativteams werden dabei ein Jahr lang von Experten begleitet.

Was verbinden sie persönlich mit den zahlreichen Filmfestspielen, die sie in den vergangenen Jahren für Südtirol besuchen konnten?
Gänsehaut hatte ich als Ronny Trocker, ein in Kastelruth in Südtirol aufgewachsener, aktuell in Brüssel lebender Regisseur, mit seinem Film „Die Einsiedler“ in der Reihe „Orizzonti“ am Film Festival von Venedig lief. Dialoge wie man sie nur aus dem Dorf kennt, im tiefsten Südtiroler Dialekt, auf der großen Leinwand eines weltberühmten Festivals zu sehen, das hat mich umgehauen. Besonders gefreut habe ich mich auch, als die Boznerin Maura Delpero für „Maternal“, ihr sehr beeindruckendes Langspielfilmdebüt, in welchem sie Frauenschicksale eines Hogars, also eines katholischen Frauenhauses in Buenos Aires, unter anderem mit Laienschauspielern aus jenem brisanten Umfeld, unglaublich authentisch aufarbeitet. Maura hat dafür den renommierten #WomenInMotion-Award von Kering des Film Festival von Cannes erhalten: hier ein Kurzvideo von der Verleihung. Ein Meilenstein war auch, als „Amelie rennt!“ von Tobias Wiemann den deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bester Kinderfilm“ gewann, in welchem der Rittner Jugendliche Samuel Girardi die Hauptrolle spielt und der vom Bozner Martin Rattini koproduziert wurde. Lustig war auch, wie Til Schweiger im AirBerlin-Flug von Berlin nach München vor mir saß und just von seinem Südtirol-Dreh bei „Honig im Kopf“ schwärmte.

Welche aktuellen Projekte begleiten Sie derzeit?
Mit der Netflix-Serie „Curon“ wurde erstmals eine Serie des globalen Streamingdienstes für Südtirol geschrieben und auch hier gedreht. In den Südtiroler Dolomiten aufgenommen wurden weite Teile der Serie „Wild Republic“ von Markus Goller und Lennart Ruff. Im Mittelpunkt der achtteiligen Serie steht eine Gruppe jugendlicher Straftäter, die durch eine erlebnispädagogische Maßnahme an die Resozialisierung herangeführt werden soll. Die Serie ist eine Koproduktion von MagentaTV, ARTE, WDR, SWR und ONE und ist seit April auf MagentaTV, der Deutschen Telekom-Plattform, zu sehen. Auf Sky Cinema Uno läuft aktuell Francesco Lettieris „Lovely Boy“ von Regisseur Francesco Lettieri mit Newcomer-Talent Andrea Carpenzano in der Hauptrolle. Der Film war Anfang September bei den „Giornate Degli Autori“ des Film Festivals Venedig zu sehen und erzählt in zwei Erzählsträngen den schillernden Aufstieg eines Trap-Musikers in Rom und parallel dazu, von dessen Entgiftung und Entschleunigung im sogenannten „Orizzonti“, eine Drogenentzugsanstalt, die im Film in Gufidaun bei Klausen angesiedelt ist.

Welches sind die Skills aus dem Studium, die Sie am meisten benötigen?
Die Offenheit, die Freude am Umgang mit Menschen, aber auch Disziplin und Durchhaltevermögen, wenn ich diese als Skills benennen darf. Gefragt sind aber auch analytische und kalkulatorische Fähigkeiten, zumal wir es ja auch mit Budgets, Bilanzen und Finanzierungsplänen, aber auch Nutzungsrechtsverträgen und dergleichen zu tun haben.

Woran erinnern Sie sich am liebsten in Ihrer Studienzeit?
Ich profitiere heute noch von meinem Netzwerk mit meinen Studienfreundinnen, welche heute in London, Hamburg und Dresden leben, und ich treffe mich mindestens einmal im Jahr mit ihnen. Mit einer anderen Gruppe treffen wir uns samt Kindern und Partnern regelmäßig zum Urlaub, was kein leichtes organisatorisches Unterfangen darstellt, da einer in Wyoming in den USA, einer in Brüssel und einer am Bodensee lebt.

(vic)