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Nachhaltigkeit in Südtiroler Unternehmen: Pflichten und Chancen
Nachhaltigkeit ist einer der Eckpfeiler der Forschung an allen Fakultäten der Freien Universität Bozen. Im Rahmen der sogenannten Dritten Mission sollen die Ergebnisse der Forschung auch dem lokalen Umfeld zugutekommen. Heute Nachmittag fand ein wichtiges Treffen zwischen Universität (Professor:innen der Fakultäten für Wirtschaftswissenschaften und Ingenieurwesen) und Südtiroler Unternehmen zu einem hochaktuellen Thema in diesem Bereich statt: der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Anfang des Jahres hat die EU eine Richtlinie dazu verabschiedet (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Auf deren Grundlage müssen die nationalen Gesetzgeber Rahmenbedingungen schaffen, um Unternehmen zu motivieren und sie darin zu unterstützen, ESG-Ziele in ihre Produktionsprozesse zu integrieren. Diese Anforderungen zur Berücksichtigung von solchen Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialkriterien betreffen nicht nur größere Südtiroler Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitenden oder 40 Millionen Umsatz), sondern auch jene, die Teil der Lieferkette sind und die sich an höhere Standards in den Bereichen Umweltschutz oder im Umgang mit ihren Beschäftigten anpassen müssen.
Im ersten Teil des Nachmittags hielt Prof. Laura Valle (Wirtschaftswissenschaften), die den Workshop gemeinsam mit Prof. Guido Orzes (Ingenieurwesen) organisiert hat, einen Vortrag zu den gesetzlichen Rahmenbedingen und zur Frage, ob Nachhaltigkeit verpflichtend ist. Guido Orzes und der Forscher Matteo Podrecca sprachen über die Rolle der BCorp-Zertifizierung in unsicheren Zeiten, während Marco Mismetti vom Centre for Family Business Management (unibz) über die ESG-Standards und das Leistungsmodell als Katalysatoren für das Wachstum von Familienunternehmen referierte. Es folgten Vorträge von Luca Filippi, stellvertretender Generalsekretär der Handelskammer Bozen, der die Initiativen der Handelskammer im Bereich der unternehmerischen Nachhaltigkeit erläuterte, sowie von Ulrike Nicolussi-Leck, Leiterin der Abteilung Recht, Governance & ESG Management der Raiffeisen Landesbank Südtirol AG, die sich gemeinsam mit Marianne Widmann in ihrem Vortrag damit befasste, wie sich der Fokus auf Nachhaltigkeit auf die Beziehung zwischen Banken und Unternehmen auswirkt. Im Anschluss stellten Vertreter:innen lokaler Unternehmen ihre Aktivitäten in diesem Bereich vor: Christian Moser (A. Loacker AG, Head of Integrated Management System), Irene Hofer (Sustainability Officer, Raiffeisen Versicherungsdienst Ges.m.b.H), Annalisa Patelli (Sustainability B-Leader Eurotherm AG Benefitgesellschaft), Maria Giulia Faiella (Environmental Impact Manager, Enetec AG Benefitgesellschaft), Marianna Benetti (Co-Founder und CEO, Veil Energy B-Corp), Manuel Niederstätter (Geschäftsführer, Niederstätter AG). Den abschließenden Vortrag hielt Angelo Conte, Nachhaltigkeitsbeauftragter Unternehmerverband Südtirol.
„Treffen wie dieses sind für uns wichtig, um zu verstehen, wie lokale Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit agieren. Dadurch können wir unsere wissenschaftliche Arbeit besser an ihre Bedürfnisse anpassen", sagte Prof. Laura Valle. Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hat gemeinsam mit der Fakultät für Ingenieurwesen das Forschungsprojekt SUSTCOTECHCERT ("Contracts, technical standards and certification systems for the effective development of sustainable economic relationships" – "Verträge, technische Normen und Zertifizierungssysteme für die effektive Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsbeziehungen") ins Leben gerufen. Der heutige Workshop war ein wichtiger Schritt in der Umsetzung des Projektes.
Das Projekt SUSTCOTECHCERT konzentriert sich auf die Untersuchung des möglichen Beitrags von Standards und Zertifizierungen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen. Diese Ziele werden zunehmend in die Aktivitäten von Unternehmen integriert, um den Klimawandel zu bekämpfen, gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen oder um Anforderungen von Geschäftspartnern gerecht zu werden. Im Rahmen des Projekts werden Nachhaltigkeitsstandards und -zertifizierungen durch empirische Analysen von Großunternehmen, KMU und Familienunternehmen sowohl aus rechtlicher als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht analysiert.
„Da die rechtlichen Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeitsverpflichtungen gerade erst geschaffen werden, wird sich dies auch in den Zertifizierungssystemen widerspiegeln. Daher ist die Untersuchung von Nachhaltigkeitsinstrumenten wie branchenübergreifenden Standards und Zertifizierungen in der aktuellen Übergangsphase genau der richtige Zeitpunkt, um geeignete Praktiken herauszuarbeiten", so Prof. Orzes abschließend.
(ros)