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Vagabunden: Armut, Bettel und Mobilität im Zeitalter der Industrialisierung
Armut hat viele Gesichter und auch Mobilität tritt in vielen Gestalten auf – von gesellschaftlich hoch geschätzten bis hin zu kriminalisierten. Als besonders problematisch galten in Europa spätestens seit dem ausgehenden Mittelalter soziale Gruppen, in denen sich Armut mit Mobilität verband: Menschen, die mittellos über die Straßen, von Haus zu Haus, von Ort zu Ort wanderten und sich ihren Lebensunterhalt durch das Bitten um milde Gaben zu sichern versuchten. Betteln und Vagabundieren verschwanden auch an der Schwelle zur Moderne keineswegs. Diese Armutsphänomene erlebten vielmehr während der krisenanfälligen Industrialisierung immer neue Konjunkturen. Sie provozierten harte Repressionsmaßnahmen, übten aber zugleich eine merkwürdige Faszinationskraft als Verkörperung einer radikalen Unangepasstheit an die Normen der sesshaften Arbeitsgesellschaft aus. Ausgehend von Einzelschicksalen skizziert Beate Althammer in ihrem Vortrag den Wandel der Vagabundage und des Bettelns in Deutschland zwischen dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die preußische Rheinprovinz dient als ideales Fallbeispiel, in der sich der sozioökonomische Umbruch besonders markant vollzog.
In der öffentlichen Veranstaltungsreihe „Geschichten von Mobilität, Marginalität und Unterdrückung in Vergangenheit und Gegenwart, Film und Kunst“ geben internationale Expert:innen Einblicke in verschiedene Aspekte von Mobilität, Marginalität und Unterdrückung. Themen, die nicht nur aus historischer Perspektive beleuchtet werden, sondern auch in unserer Gegenwart hochaktuell sind. Die Veranstaltung wird vom Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen in Kooperation mit der Landesbibliothek „Dr. Friedrich Teßmann“ organisiert.
Zur Vortragenden:
Beate Althammer ist Historikerin mit Forschungsschwerpunkten in der vergleichenden und transnationalen Geschichte Europas im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Sie studierte an der Universität Zürich und promovierte an der Universität Trier, wo sie auch ihre Habilitation erwarb, und zwar mit einer Monographie zur Geschichte der Vagabondage im deutschen Raum während der Umbruchsphase zur Industrialisierung. Gegenwärtig ist sie Leiterin des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts „Die Grenzen des Wohlfahrtsstaats: Migration, soziale Rechte und Ausweisung (1850-1933)“, das an der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt ist.
Vortrag von Dr. Beate Althammer (Humboldt-Universität zu Berlin)
Vagabunden: Armut, Bettel und Mobilität im Zeitalter der Industrialisierung
Ort: Landesbibliothek „Dr. Friedrich Teßmann“, A.-Diaz-Straße 8, Bozen
Zeit: 16.10.2023, 20.00 Uhr
(su)